Das Bijou der Basler Vorfasnacht führt seine Gäste im 2025 ins und durch das Pfyfferli-Gässli. Es kommt modern, bissig, kritisch, äusserst amüsant, am Ende etwas in die Jahre gekommen und fulminant musikalisch daher. Das Premièren-Publikum zeigte sich begeistert und feiert die Produktion mit stehenden Ovationen.
Bereits im Eingangsbereich des Fauteuil Theater begrüssen neue moderne „Stäggeladärne“ aus den Pinselstrichen von Domo Löw die Gäste und weisen diese ins Kellergewölbe, wo man sich genüsslich vor dem Pfyfferli-Gässli platzieren darf um den Programmpunkten zu folgen. Die Kulisse des diesjährigen Pfyfferli, versetzt einem tatsächlich ins Herz der Basler Innerstadt, welche mit seinen feinen kleinen Gässchen nicht nur während der Fasnachtstage jeden Stadt-Besucher zum schwelgen bringen vermag. Passend hierfür werden vom Ensemble (Caroline Rasser, Salomé Jantz, Myriam Wittlin, Philipp Borghesi und Robin Zbinden) „s Gässli“ (komponiert von Arth Paul Text: Felix Rudolf von Rohr) besungen, dies nach dem Prolog, inwelchem sie vor allem die Basler Politik „obenaabe“ auf den Boden der Tatsachen verbringen wollen.
Ungemein gelungen ist „dräffe sich zwai Wäägeler“ die sich über ihre Aufgaben auf und neben dem Waggiswagen nicht mehr einig sind und die typischen, altbewährten Modalitäten auf deren zeitgemässe Daseinsberechtigung hinterfragen. Ungemein gelungen, weil nicht etwa die beiden männlichen Ensemblemitglieder die „Wäägeler“ verkörpern sondern Salomé Jantz, welche visuell fast wie ein kleiner Asterix daherkommt und Caroline Rasser mit aufgekleptem Schnauz über ihre Wagenfasnacht streiten.
Die beiden männlichen Ensemblemitglieder brillieren alsdann als singende Fleischliebhaber und während man die gesanglichen Künste von Philipp Borghesi schon vom vergangenen Pfyfferli her kennt, man denke an seine euphorische Hymne auf ein schweizer Streugewürz, tritt Robin Zbinden zum ersten Mal auf der Pfyfferli-Bühne auf. Der vom Liestaler Rotstab-Cabaret stammende Darsteller ist eine tolle Neubesetzung und besticht ebenfalls mit toller Stimme und gutem Auftreten.
Nach einem Jahr Pfyfferli-Abstinenz ist Myriam Wittlin wieder zurück im Ensemble und darf ihr aussergewöhliches Schauspieltalent unter anderem bei der Solonummer „dr Spatz“ unter Beweis stellen. Im Style des deutschen Kabarettisten und Komiker Dieter Nuhr begeistert sie in dieser Nummer, welche nicht etwa zum Schenkelklopfen verleitet, sondern eher zum Nachdenken animiert, auf ganzer Linie.
Ebenfalls eine Rückkehrerin auf die Pfyffeli-Bühne ist Salomé Jantz. Sie passt ins Ensemble wie die Faust aufs Auge und ist in Gestik, Mimik und ihrem sichtlichen Spass am Schauspielern unerreicht. Caroline Rasser glänzt neuerlich, im wahrsten Sinne des Wortes, in ihrer Darstellung als Frau Hubesack-Labhardt (mit -ckdt) mit Alain und ihren zum Teil etwas frivolen Tiraden gegen das männliche Geschlecht(s-teil). Nicht nur ihr Vater (Roland Rasser) der unmittelbar neben mir Platz gefunden hat, erfreute sich wiederum an der überzeichneten Darstellung von Mami Alain.
„Yych“ ist die stimmgewaltige Darstellung der Egotripps von Kindesbeinen bis vors Himmelstor. Toll auch mit der passenden Lichtchoeografie. Eine hervorzuhebende Darbietung bei der sich das ganze Ensemble ins Szene setzen darf. Aus der Feder von Tausendsassa Roman Huber stammt die Nummer „s isch Dradizioon“ inwelcher dem Basler und seinen Gästen der fasnachtabfalltechnische Spiegel vorgehalten wird. Ein sehr gut umgesetzter Programmpunkt und ein toller Abschluss des ersten Teil des Pfyfferli 2025.
Im Zweiten sind sie „s Dörby“ beim Fussballspiel der Linken gegen die Mitte, wo der Gewinner eigentlich schon wieder im Vorfeld bekannt war, zusammen im Gässli, singen und/oder sinnieren „vo Grääbe und Brugge“ lassen sich über die rentable Vermarktung der Basler Fasnacht im „Mc Flimsy“ beraten und finden sich schlussendlich im Gewölbekeller des benachbarten „Kääsläädeli“ als Pfyfferli-Schauspiel-Greise „zem goldige Fauteuil“ wieder. Eine Schlussnummer, welche die Lachmuskeln nochmals so richtig aktivieren vermag. Ungemein köstlich, ironisch und doch sicherlich treffend.
Die einzelnen Programmpunkte werden von der grossartigen Bettina Urfer am Piano begleitet und sie begeistert zudem als Lückenfüllerin mit fasnachtlichen Klängen, beispielsweise mit bekannten Schnitzelbangg-Melodien, welche sie bravurös zu einem Medley verbindet. Das Publikum ist einfach hingerissen.
In dieser Spielzeit bilden die Pyfferli-Pfyffer (unter der Leitung von Yasmin Picton) ebenfalls einen wichtigen und gewichtigen Teil im ganzen Programm. Sie tauchen immer wieder als Gruppe, einzeln, mit und ohne Perkussions- resp. Trommelunterstützung in der Szenerie oder zwischen den Programmpunkten auf. Unter anderen glänzen sie mit dem „dr Fümfezwanzger“ aus der Feder von Michael Robertson oder der Komposition von Alex Felix „Fischmärt„. Den absoluten Höhepunkt bringen sie jedoch mit „The Code“ Nemos Siegersong des letztjährigen ESC, welchem wir die Austragung in Basel verdanken dürfen. Mit dieser Darbietung schiessen sie tatsächliche den Vogel, resp. den Fisch ab und übertreffen, meiner persönlichen Meinung nach, sogar das Orginal! Das setzt ihnen die musikalische Pfyfferli-Krone oder die rosa Federboa auf. Chapeau! Auch die Vertreter der wirbelden Trommelschlegel wissen vollends zu überzeugen und runden das Gesamtwerk Pfyfferli-Gässli ab.
Nicht vergessen wollen wir die Schnitzelbängg. Während in den vergangenen x-Jahren von den 6 Formationen, die Pfyfferli-Premièrenvorstellungen jeweils vom Spitzbueb und dem Heiri, performt wurden, musste Letzgenannter heuer kurzfristig absagen, weil er unverhofft einen Spitalaufenthalt inkauf nehmen musste. Es konnte jedoch bereits am Premièrenabend Entwarnung gegeben werden, tauchte der Heiri doch, als Gast notabene, mit einem seiner Kälbchen an der Vorstellung auf. An seiner Stelle trat, treffender Weise Doggter FMH auf. Natürlich ein ebenso guter Könner seines Bängglerfachs und nicht unverdient am Premièrenabend mit dabei, feiert er doch zusammen mit seiner Schweschter Gundula sein 20 Jähriges Bänggler-Jubiläum. Herzlichen Glückwunsch hierfür. Dr Spitzbueb und auch Doggter FMH, haben mit ihren Versen das Premièrenpublikum sofort in ihren Bann gezogen. Gut gemacht.
Pfyfferli 2025; im Pfyfferli-Gässli
Das Pfyfferli überzeugt auch in dieser Spielzeit mit einem exzellenten Programm. Das vorzügliche Ensemble mit den beiden Rückkehrerinnen, dem Neuankömmling, dem Stimmgewaltigen und der routinierten, charmanten Hausherrin, harmonieren wunderbar miteinander, gesanglich wie im Schauspiel. Die Thematiken schwanken von Bauchweh vor Lachen bis Fingerzeig und Fremdschämen. Die Texte der verschiedensten Schreiberlinge/Innen sind so unterschiedlich wie die Texter/Innen selbst und für die Umsetzung zeichnen sich Regisseurin Andrea Pfaehler und die für die Dramaturgie verantwortlichen Caroline Rasser und Felix Rudolf von Rohr verantwortlich. Ihnen sei ein übergrosses Kränzchen gewidmet.
Die Fasnachtsmusik und die musikalische Unterstützung am Piano sind schlicht grossartig und runden ein ungemein gelungenes Erlebnis am Spalenberg, gleich beim Pfyfferli-Gässli, im Bijou der Basler Vorfasnacht, ab.
Vorstellungstermine und Tickets
Pfyfferli 2025
10. Januar – 09. März 2025
Dienstag – Freitag 20 Uhr
Samstag, 18 Uhr und 21 Uhr
Sonntag, 15 Uhr und 18 Uhr
Für alle Interessierten gibt es noch einige Tickets für verschiedene Vorstellungstermine.
Wie gewohnt findet der Verkauf im Webshop unter www.fauteuil.ch, an der Theaterkasse am Spalenberg 12 und auch telefonisch unter 061 261 26 10 statt.