Fasnacht 2022 findet statt – die Regeln und ein Kommentar

9. Februar 2022 | Von | Kategorie: Nachrichten

Die Fasnacht 2022 findet im Aussenbereich praktisch normal statt mit Morgenstraich und 72 Stunden Gässle. Einschränkungen gibt es für den Innenbereich: Die Gastronomie kann ihre üblichen Öffnungszeiten nicht ausweiten. Der öV wird während der Fasnachtszeit umgeleitet, es gibt aber keine Extraangebote an den Morgenstraich.  Regierungsrat und Comité gaben dies heute an einer Medienorientierung bekannt. Nachfolgend die Berichterstattung darüber in laufend chronologischer Abfolge – und ein persönlicher Kommentar des Schreibenden:

12:30

Die Medienorientierung beginnt. Es treten auf: Regierungspräsident Beat Jans, Regierungsrätin Stephanie Eymann, Regierungsrat Lukas Engelberger und Comité-Obfrau Pia Inderbitzin.

Beat Jans erklärt den Zeitpunkt des Beschlusses. Man habe so lange wie möglich zuwarten wollen. Nun sollen aber Nägel mit Köpfen gemacht werden, auch wenn der Bundesrat wahrscheinlich noch Lockerungen beschliesst: „Jetzt liefern wir – und der Entscheid heisst: FASNACHT VORWÄRTS MARSCH!

Es gibt im Aussenbereich zwischen Montag 4 Uhr und Donnerstag 4 Uhr keinerlei Einschränkungen. Im Innenraum werde es aber Einschränkungen geben, indem der Ausschank der Restaurants  auf 1 Uhr beschränkt wird, mit Ausnahme der Betriebe, die längere Bewilligungen haben.

Anders als sonst: Es soll keine Extra-Züge oder -Drämmli geben: «Wir wollen eine Fasnacht für die Aktiven!» Man wolle den Auswärtigen klarmachen, dass sie nicht zum Feiern in die Innerstadt kommen sollen.

 

12:35

Lukas Engelberger: Die Pandemie ist noch nicht beendet, aber die Lage erlaubt weitere Lockerungen und auch eine «fast» normale Fasnacht. Wir vertrauen den Fasnächtlern, dass sie die nötige Eigenverantwortung übernehmen. Gewisse Beschränkungen müssen sein.

 

12:45

Stephanie Eymann: Es wird ein spezielles Polizeireglement veröffentlicht. Die Nachtruhe ist während der Fasnacht aufgehoben. Am Morgenstraich wird das Licht wie gewohnt gelöscht. BVB und BLT werden Betriebszeiten wie gewohnt haben, aber keine Extrakurse anbieten. Wie üblich wird mit den Baufirmen geschaut, dass alle Baustellen im öffentlichen Raum gesichert sind. Die Restaurants dürfen von 5 Uhr bis 1 Uhr offen haben. Diejenigen rund 160 Betriebe, die längere Öffnungszeiten haben, behalten diese bei. Cliquenkeller dürfen ebenfalls bis 1 Uhr offen haben, aber nur für ihre Mitglieder.

 

12:55

Pia Inderbitzin: Wir freuen uns, dass wir uns nach zwei Jahren wieder auf eine Fasnacht vorbereiten können, die diesen Namen verdient. Wir danken der Regierung, dass sie diesen Mut aufbrachte. Wir fordern die Geschäfte in der Innerstadt auf, ihren Teil zu einer guten Stimmung beizutragen und die Lichter am Morgenstraich zu löschen. Auf dem Münsterplatz wird es eine Laternenausstellung geben. Es wird aber definitiv keinen Cortège geben, da der organisatorische Aufwand für die verbleibende Zeit zu gross ist. Dieser Entscheid wird laut einer Umfrage von einer Mehrheit der Stammcliquen geteilt. Wir hoffen aber auf die Kreativität der Wägeler und Chaisen, damit auch da noch einiges passiert. Wir werden deshalb auch weiterhin kontinuierlich informieren.

 

13:00 Fragen

Zeitliche Restriktionen im Gastgewerbe auch aussen?
St. Eymann: Ja.

Zertifikatspflicht auch, wenn diese vom Bundesrat aufgehoben wird?
L. Engelberger: Nein, dann gibt es keine «Bändeli» oder ähnliches – ausser für Cliquenkeller, um die Mitglieder zu kennzeichnen.

Wie sieht es mit den Subventionen für die Cliquen aus?
P. Inderbitzin: Wir haben die Einnahmen aus dem Drummeli und hoffen, dass auch der Plakettenverkauf anzieht. Damit wird Geld vorhanden sein. Über die Verteilung beschliessen wir nach der Fasnacht.

Wie soll man die Beschränkungen der Gastronomie auf 1 Uhr epidemiologisch erklären? Dazu die Ungleichbehandlung mit denjenigen Betrieben, die eine längere Bewilligung haben?
L. Engelberger: Wir wollen eine Fasnacht für die Aktiven und kein allgemeines Volksfest, deshalb diese Einschränkung.
St. Eymann: Wir wollten möglichst keine Verschärfung der bestehenden Regelungen. Deshalb dürfen alle mindestens solang offen halten wie im «normalen» Leben.

Gibt es eine Chance, dass bei einer weiteren Verbesserung doch noch eine Art Cortège stattfindet?
St. Eymann: Dazu müssten wir erst eine Route kreieren und Absperrungen definieren. Das ist kurzfristig kaum zu stemmen.

Wie sollen die (externen) Fasnächtler überhaupt an den Morgenstraich kommen?
B. Jans: Die müssen sich halt organisieren. Man kann in der Nacht auf Montag auch in Basler Hotels übernachten – die Hoteliers freuen sich.

Was ist mit den Guggen-Konzerten?
P. Inderbitzin: Stand jetzt gibt es keine Konzerte. IG und FG haben sich bereits zurückgezogen. Die Organisatoren des «Clara-Monster» überlegen sich noch, am Claraplatz oder bei der Messe etwas durchzuführen. Es wird auch auf einen Sternmarsch verzichtet.

Ein persönlicher Kommentar des Autors

Grundsätzlich ist der Comité-Obfrau zuzustimmen, dass man dem Regierungsrat Dank zollen muss für die Bereitschaft und den Mut, eine Fasnacht zuzulassen, die diesen Namen tatsächlich verdient. Weniger als das nun Erlaubte wäre aber wohl auch kaum durchzusetzen gewesen, besonders wenn in 2-3 Wochen voraussichtlich alle Massnahmen aufgehoben sind. Es hätte trotzdem eine Fasnacht stattgefunden, halt eine anarchische, unerlaubte – aber vielleicht gerade deshalb sehr spannende.

Nun finden also drei Tage Gässle statt, am Morgenstraich geht das Licht aus und vieles wird an eine ganz normale Fasnacht erinnern. Leider gilt dies nicht für die Wägeler und Schääse; ihnen ist zu wünschen, dass sie die nötige Kreativität aufbringen, um auf irgendeine Art eben doch Fasnacht zu machen. Sich nun schmollend in den Winkel zu flüchten und eine Opferrolle einzunehmen, wird sicher nicht zielführend sein. Und dem Fasnacht-Comité ist bei der Zumessung der Subventionen ans Herz zu legen, das «Sonderopfer» der Wagen und Schääse besonders zu würdigen.

Bei zwei Entscheidungen des Regierungsrates merkt man aber unangenehm, dass kein Fasnächtler in der Regierung sitzt und wir den ängstlichsten Gesundheitsdirektor der Schweiz (Medienzitat) haben. So soll es keine Extrazüge an den Morgenstraich geben, um nicht touristische Massen anzulocken – ok, kann man nachvollziehen und der Satz «Wir wollen eine Fasnacht für die Aktiven!» wird wohl von diesen sehr gerne geteilt. Es werden aber auch keine Frühtrams und -Busse die Aktiven von Riehen oder vom Bruderholz in die Innerstadt befördern oder all die Fasnächtler aus den umliegenden BL-Gemeinden. Das sind bei nicht wenigen Cliquen etwa zwei Drittel der Aktiven. Dass der Regierungspräsident denen empfiehlt, doch die Nacht davor in Basler Hotels zu verbringen, zeigt eine nicht geringe Abgehobenheit des Empfängers eines sechsstelligen Jahresgehalts. Nun wird der Transport der Fasnächtler per Auto des Partners (sofern Nicht-Fasnächtler) oder Taxi erfolgen statt per öV. Aber der Umweltschutzbereich ist ja nicht im Departement des Regierungspräsidenten.

Die Hoteliers haben übrigens schon reagiert: Noch während der Medienorientierung konnte man im Internet beobachten, dass die Zimmerpreise für die Fasnachtstage teilweise um 100 oder mehr Franken stiegen.

Und die wohl unsinnigste Restriktion ist die Baizen-Sperrstunde zwischen 1:00 und 5:00 Uhr. Dass man argumentiert, damit ein Volksfest verhindern zu wollen, zeigt mangelnde Kenntnisse der Fasnacht. In der Sperrzeit werden in erster Linie die «angefressensten» Pfeifer und Tambouren unterwegs sein, die sich nun nicht dazwischen mal aufwärmen können und ihre Notdurft irgendwo an Mauern und an Bäumen verrichten. Und wie sollen die Betreiber von Lokalen etwa zwischen Claraplatz und Rheinbord am Fasnachtsmittwoch ihre Gäste um 1 Uhr rausbekommen? Diese Schikane ist schlicht aus epidemiologischer Sicht unsinnig (oder sind neben Vampiren auch Viren nachtaktiv?) und für die in der Pandemie schon sehr gebeutelte Gastronomie massiv geschäftsschädigend.

Ich empfehle den betroffenen Baizern, diese Regel schlicht zu ignorieren. Für allfällige Bussen sollen sie ab jetzt «Kässeli» aufstellen. Die meisten Gäste werden dafür gerne eine Spende einwerfen. Oder das Bier kostet ab 1 Uhr halt zwei Franken mehr und der Zusatzertrag dient zur Begleichung der Bussen. Und wenn es keine Busse absetzt, weil Stephi Eymanns Leute das bekannte Basler Fingerspitzengefühl beweisen, dann ergibt der Spendenertrag einen schönen Apéro für die Stammgäste am Bummelsonntag. Wie gesagt: Fasnacht ist immer auch Anarchie und Widerstand gegen die Obrigkeit!