Verletzen Fasnächtler das Tierwohl?

1. April 2024 | Von | Kategorie: Nachrichten, Top-Thema

Der stete Druck verschiedener Tierschutzorganisationen auf das Basler Fasnachts-Comité scheint weitere Früchte zu tragen. Nach dem Quasi-Chaisenverbot sollen nun Namen wie „Muggedätscher“ oder „Grieni Hind“ verschwinden, um das Seelenheil von Tieren nicht zu verletzen. Ein grosses karnevalistisches Erdbeben scheint unausweichlich.

Gestern waren es Indianer und Eskimos – nun sollen Cliquen mit einem Tierbezug verbannt werden. Der Kampf gegen kulturelle Aneignung wird nun auf vermutete Verletzungen des tierischen Seelenheils ausgeweitet. Das Comité will damit neuen Forderungen von radikalen Tierschützern nachkommen, die unter anderem auch ein Verbot von Karussellpferden anstreben und nun auf die Fasnacht zielen.

Kurz vor der Fasnacht 2024 hob das Comité um Neu-Obmann Robi Schärz mit der Veröffentlichung der „Regeln gegen Diskriminierung“ den Mahnfinger. Gut gemeint ist nicht immer auch gut gemacht, dies musste auch das Comité schneller und heftiger als erwartet erfahren. Gefühlt gab es in der Fasnacht-affinen Stadt kaum mehr ein anderes Thema. Auf der einen Seite die Fasnachts-Community, welche das aus ihrer Sicht unnötige Vorpreschen des Comités nicht verstehen konnte und wollte. Schliesslich bestand inhaltlich Konsens, aber musste das Thema wirklich so in den Fokus der breiten Öffentlichkeit gerückt werden? Seit Jahrzehnten hat die Selbstregulierung innerhalb der Fasnachts-Szene grossmehrheitlich perfekt funktioniert. Auf der anderen Seite fühlte sich manch ein Tugendwächter in seiner Haltung gegenüber unlieben Sujets oder Kostümen bestätigt und freute sich über den zugespielten Ball. Dankend angenommen führte das virtuelle runde Leder bereits am Nachmittag des Fasnachtsmontags zu dem einen oder anderen empörten Artikel in der lokalen wie auch nationalen Presse. Die gehässigen Posts in den Sozialen Medien trugen ihr Übriges bei. Kaum zu beneiden war da Robi Schärz, welcher vor, während und nach der Fasnacht wesentlich damit beschäftig war, Schadensbegrenzung zu betreiben und in alle Richtungen zu beschwichtigen.

Verschiedene Tierschutzorganisationen haben hinter den Kulissen derart Druck aufgebaut, dass das Comité kaum einen anderen Weg sieht, beim Tierwohl an den „drey scheenschte Dääg“ die Schraube massiv anzuziehen. In trockenen Tüchern ist freilich noch nichts, dennoch sollen Aneignungen tierischer Begriffe, Verhaltens oder Abbildungen an der Fasnacht grundsätzlich unterbunden werden. Aus dem Comité ist zu vernehmen: „Wir haben je länger je mehr Mühe, dass sich Tiere in ihrem Sein verletzt fühlen könnten, nur weil unbedarfte Fasnächtler sich einen üblen Spass daraus machen, sich als Vögel, Ratten, Pferde oder was auch immer zu verkleiden, respektive sich deren Namen und Erscheinungsbild zu bedienen.“

Würden die Massnahmen wie angedacht umgesetzt, hätte das weitreichende Folgen. Dumm für all jene, welche gerade erst ihr zum gesellschaftspolitischen No-Go gewordenes Indianer-Goschdym schweren Herzens gegen einen Eisbären ausgetauscht haben. Eine Katastrophe für dutzende Cliquen, Grüppli und Bänke, welche nun vor einem Scherbenhaufen zu stehen scheinen.

Die Gwäägi, welche ihre Bänke als Raben zum Besten geben, dürfte es künftig ebenso wenig noch geben wie die Grieni Hind, Gääle Daggel, Die Schwarze Schoof oder Schnäderänte. Dem Singvogel bliebe nichts weiteres übrig, als die Klampfe an den Nagel zu hängen und die Voliere zu verschliessen.

Etwas mehr Glück hätten jene, deren Namen aus zusammengesetzten Begriffen bestehen: Die Junteressli könnten künftig schlicht als Junte laufen, sofern sie dabei auf das tragen der „Ressli“ verzichteten und das Cliquen-Logo entsprechend anpassen würden. Ähnlich dürfte es den Muggedätscher, Baggemugge, all jenen mit Schnoogge im Namen sowie den Schlangefänger, Gugge-Mysli, Holzwurmbrätscher, Hienerauge, Kanalratte, dem Daig-Affe-Club oder dem Drummelhund ergehen. Die Liste kann beliebig fortgesetzt werden.

Wer sich im Logo oder beim Kostüm eines Tieres bedient, müsste lediglich diesen einen Teil entsprechend anpassen. Für die Schänzli-Fäger wäre das Löwen-Zyschtigsgoschdym künftig Tabu, während die Giftschnaigge den Schmetterling aus dem Logo tilgen müssten.

Es gäbe aber auch jene Fasnachtseinheiten, die es richtig beuteln würde. Nebst dem Tierschutz haut es diesen dann auch noch das Markenrecht (siehe separaten Artikel) um die Ohren. Ein faktisches Existenzverbot erführen dabei unter anderem die Basler Dybli, Basler Leue und die Basler Rolli. Noch nicht ganz klar hingegen ist, wie es sich mit jenen Formationen verhalten könnte, deren Namen sich auf Ortsbezeichnungen beziehen. Es wäre also gut möglich, dass sich das Echo vom Gämsbärg keine Sorgen über seine fasnächtliche Zukunft zu machen braucht. Definitiv Glück dürften dagegen die Drache-Schränzer haben, verweist deren Name, Kostüm und Logo unverkennbar auf ein Fabelwesen und wäre somit ausserhalb der comitialen Kritik.

Einzig die Wanderratten überlegen sich dem Vernehmen nach in den Basler Untergrund auszuweichen.