Nie mit der Frau in der gleichen Clique!

10. Dezember 2012 | Von | Kategorie: Hyylgschichte

von Carmen Kolp

Rosa ist Pfeiferin bei den Dalbe-Dybli. ihr Mann Carlo Tambour bei den Claraplätzlern. Beide lernten sich über die Fasnacht kennen und auch lieben. Dass sich bei beiden alles um Fasnacht dreht, wird bald klar, wenn man ihr Wohnzimmer betritt: Fasnachtsfiguren, Fasnachtsbilder und diverse Fasnachtsüberbleibsel. Aber gemeinsam in der gleichen Clique Fasnacht zu machen, kam für Carlo nie in Frage. Wenn ihn jemand darauf ansprach, sagte er immer: „Nie mit der Frau in derselben Clique, da hat Mann das ÜG ja immer dabei.“ ÜG = Überwachungsgeschwader. Rosa lachte immer über die Aussage ihres Mannes. Es war für sie nie ein Thema, die Clique zu wechseln, da sie in ihrer sehr zufrieden war. Sie liebten beide ihr Cliquenleben, welches sehr unterschiedlich war.

Im Sommer letzten Jahres geschah etwas, mit dem Rosa jedoch nicht gerechnet hatte: die 12-köpfige Clique wurde von Woche zu Woche kleiner. Der Eine arbeitete neu im Bündnerland, die Andere hatte neu Familie und wollte nicht mehr Fasnacht machen, weitere waren schon älter und wollten nun Ski fahren gehen. Und da waren es nur noch drei. Rosa musste plötzlich eine Entscheidung treffen, wo und wie sie die nächste Fasnacht verbringen sollte. Zu Dritt wollte sie auf keinen Fall den Cortège bestreiten. Sie überlegte, wo sie jetzt noch Unterschlupf fand.

Die Aussagen ihres Mannes kamen ihr immer wieder in den Sinn. Meinte er es ernst? Auch in dieser Situation? Und dann kam in ihr plötzlich die Frage auf, wenn er sie nicht dabei haben wollte, hatte er dann einen anderen Fasnachtsschatz? Beim Abendessen fragte sie dann Carlo doch: „Du Schatz, du weisst doch, dass sich unsere Clique aufgelöst hat. Ich möchte die nächste Fasnacht auch wieder pfeifen. Was meinst Du, würden die Claraplätzler mich aufnehmen? Hättest Du etwas dagegen?“ Das Erstaunen in Carlos Augen war sehr gross und Rosa schämte sich fast schon, dass sie es wagte, ihn zu fragen. Carlos Antwort war dann auch sehr trocken: „Wir haben Aufnahmestopp“. Rosa schaute traurig ihr Essen an und bekam keinen Bissen mehr herunter. Das Thema war erledigt.

Am nächsten Mittwoch kam Carlo von der Übungsstunde nach Hause und sagte der schlafenden Rosa sehr trocken: „Ich habe mit dem Pfeiferchef gesprochen. Du kannst im Dezember vorspielen gehen und wenn Du alle Märsche beherrschst, dann kannst Du mit uns Fasnacht machen.“ Rosa traute ihren verschlafenen Ohren nicht. Hatte sich ihr Mann wirklich so für sie eingesetzt? Plötzlich war sie hellwach und fragte nach dem Repertoire. Carlo zählte die Märsche auf und Rosa rannte um zwölf Uhr nachts ins Büro, um ihre Noten zu prüfen. Sie stellte fest, dass sie fünf Märsche in 6 Monaten lernen musste.

Am nächsten Mittwoch war sie in der ersten Übungsstunde der Claraplätzlern. Sie wurde mit Freude und Skepsis begrüsst. Das Vorpfeifen schaffte sie dann mit Ach und Krach und stand am Morgestraich bei den Claraplätzlern ein. Wie immer lief ein Schauer über Rosas Rücken, wenn das Licht ausgeht und sie den ersten Ton des „Morgestraich“ pfeift. Die drei Tag waren schon fast vorbei und Carlos hatte keinen Fasnachtsschatz, wie sie befürchtet hatte. Als Carlo an einem Halt am frühen Donnerstagmorgen unbedingt mit Rosa in die Baiz wollte, und nur mit ihr, fand sie dies schon etwas komisch. Er war die ganze Fasnacht sehr distanziert und immer mit seinen Tambourenkollegen unterwegs. Da die Platzzahl im Roten Bären sehr bescheiden war, setzte sich Carlos auf den letzten freien Platz und nahm Rosa auf seinen Schoss. Er schaute ihr in die Augen und sagte: „Ich hätte es nicht gedacht, aber ich freue mich, dass wir zusammen Fasnacht machen. Ich habe abgewartet und nun festgestellt, dass es wunderschön ist, mein ÜG, ääh, meinen Fasnachtsschatz immer dabei zu haben.“