vom Yfäädler
Wie um Himmels willen kommt ein halbwegs vernünftiger Mensch auf die Idee, in ein Fasnachtskostüm zu schlüpfen, gegen das der Vogel Gryff mit seinen 35 Kilo Gewicht ein federleichtes Tütü ist? Wer zwängt sich schon freiwillig in eine riesige Larve, aus der er sich nie und nimmer allein zu befreien vermöchte, sollte der Vorträbler einmal nicht zur Stelle sein? Es gibt nur eine Antwort: Wer solches tut, ist kein vernünftiger Mensch, sondern ein Tambourmajor.
Ähnlich wie Bundesrat kann man Tambourmajor nicht lernen. Man wird dazu geboren. Kleinwüchsige, machthungrige Knirpse, die bereits im Kindergarten ständig ihre Gspänli herumkommandieren, werden später überdurchschnittlich oft Tambourmajore. Trommeln zu können ist keine Voraussetzung, es ist eher die Ausnahme. Ein Tambour nämlich sucht dieses Ehrenamt selten, weil er ja hinter dem Major her läuft und sieht, wie sehr der arme Kerl unter dem Gewicht von Larve, Kostüm und Verantwortung für seine Clique leidet.
Oft sind es also des Trommelns Unkundige, die den Stecken schwingen. Für sie ist der «Dreier» dann etwas anderes als ein Trommelmarsch. Auf der Drummeli-Bühne nickt der Tambour vorne rechts diskret mit dem Kopf, wenn sie abwinken müssen. Das ist aber nicht schlimm. Wichtig ist nur, dass der Major über eine durchdringende Stimme verfügt, mit der er seine Leute aus der Beiz jagen («Yystoo!!») und die Märsche ansagen kann («Uschlu!» = Gässler, Mätzli oder Stänzler). Entscheidend aber und für den Major purer Stress ist das präzise Vier-Uhr-Kommando am Morgestraich! Eine schlaflose Nacht, am Arm eine Funkuhr, im Ohr die Zeitansage von Tel. 161 – und meist geht’s dann gleichwohl daneben.
Doch es bleibt ja noch der Bummel, des Majors schönster Tag. Ohne Larve, im dunklen Anzug mit Hut, Krawatte, Bummel-Maje und wysse Händschli stolziert er – möglichst mehrmals – die Freie Strasse hinab, grüsst nach links und rechts, wirft den Stock in die Höh‘ und fängt ihn auch sicher wieder, denn das hat er zwei Monate lang im Allschwiler Wald geübt. Solche Momente bestätigen es dann: Tambourmajor kann man nicht lernen, als Tambourmajor wird man geboren.
Die Schweiz am Sonntag hat eine Serie von Artikeln über die einzelen Rollen an der Fasnacht gestartet. Wir erhielten freundlicherweise die Erlaubnis, die Beiträge hier abzudrucken und veröffentlichen hier die dritte Folge. Gerne verweisen wir auf www.schweizamsonntag.ch