Nach drei Jahren ohne oder mit eingeschränkter Fasnacht wird es vom Morge- bis zum Ändstraich zu einem wahren Orgasmus kommen, prophezeihte der stadtbekannte Kolumnist und Fasnachtskenner -minu bereits im Vorfeld. Kommt man vom heutigen Morgestraich in die warme Stube, so darf man konstatieren: Unser Stadtoriginal hatte eiskalt (im wahrsten Sinn des Wortes – recht.
von André Auderset (Text) und Carmen Kolp (Text und Fotos)
„Vo Basel bis uf Rieche: Alles harti Sieche“ könnte man als Fazit für die ersten Stunden der Fasacht 2023 auch konstatieren. Es war bitterkalt – und doch wurde es allen warm ums Herz: „Ändligg wider richtig Fasnacht“ war ein viel gehörter Ruf. Das zeigen auch die ersten Bilder.
Kalt war es. Bitterkalt. So kalt, dass einem die Morgestraich-Träne auf der Wange gefror.
Um 3.58 Uhr war es in der Rheingasse so still, dass man nicht nur die Aufregung spürte. Es ist dieser Moment, wo jede/r auf die drei magischen Worte wartet. Wo man nicht weiss, soll ich lachen, weinen, nochmals aufs WC, ein Schluck trinken, den Sitz der Larve, das Licht des Kopfladärnlis und dann plötzlich alles egal ist. Endlich schreit der Tambourmajor. Endlich Morgestraich, vorwärts, Marsch! Endlich das Licht aus. Endlich der erste Ton, der erste Fünfer. Endlich beginnen 72 Stunden Glückseligkeit.
Im Grossbasel war die Stimmung kurz vor der „Entladung“ etwas weniger besinnlich – und vor allem war es voll, übervoll. Zwischen Seibi, ex-Hauptpost und Marktplatz drängten sich die Leute und liessen den Aktiven gerade den für das Durchkommen nötigen Platz.
Trotz der vielen Zuschauern blieb es nach Angaben der Blaulichtorganisationen ruhig und ereignislos (sofern man einen Morgestraich als «ereignislos» bezeichnen kann). Am Seibi kam es kurz vor vier Uhr zu einem Einsatz wegen eines medizinischen Notfalls, wobei die Sanität naturgemäss etwas Mühe hatte, zum Ereignisort durchzudringen.
Ansonsten aber pures Gefunkel der Laternen und Kopflaternen. Und man sieht: Das Comité hat richtig gezählt: Das meist ausgespielte Sujet dürfte die Energieversorgung in allen Facetten sein. Im doppelten Sinn macht dies der Stamm der JB Santihans mit «Derf’s e bizeli Meer sy?“ – soweit es die Fasnacht betrifft, antworten wir mit einem donnernden und begeisterten JA!
Vielleicht etwas früher als sonst lockerte sich das Gedränge trotz der anfänglichen Menschenmassen. Die sss-teife Brise zwang Aktive wie Zuschauer in die Baizen und Keller. So mancher Baizer muss bereits heute morgen wohl die Vorräte für den Kaffi Lutz auffüllen. Und viele Keller-Verantwortliche werden am Schluss ob des kältebedingten Mehrumsatzes in nahezu orgiastisches Stöhnen verfallen.
Ob es nun auch aus fasnächtlicher Sicht am Schluss der herbeigewünschte närrische Orgasmus wird – oder als Fazit einem das Wort „Sodeli“ einfällt (laut Spöttern ist dies ohnehin das baseldeutsche Wort für Orgasmus)? Wir werden es sehen – der Anfang ist mit diesem Morgestraich auf alle Fälle gemacht! E scheeni Fasnacht (und ziehnd Eych warm a)!