Zwei, ganz persönliche Kommentare zur Absage der Fasnacht

28. Februar 2020 | Von | Kategorie: Kurz & bündig

Die Absage der Fasnacht hat auch die Meinungen in der fasnacht.ch-Redaktion geteilt. Nachfolgend zwei Kommentare aus unserem Team – keiner erhebt den Anspruch darauf, allein der richtige zu sein.

Hier der Kommentar von Redaktionsmitglied André Auderset:

Basler „Finish“ provoziert Widerstand

Nach der bundesrätlichen Über-, um nicht zu sagen Panikreaktion blieb der Basler Regierung gar nicht anderes übrig als nachzuziehen. Gemäss der Notverordnung des Bundes wären grosse Teile des fasnächtlichen Programms, insbesondere der Cortège vom Montag und Mittwoch, gar nicht möglich gewesen. Dass sozusagen mit einem Basler „Finish“ die Vorschriften aber noch massiv verschärft worden sind, ist nicht nachzuvollziehen. Sogar in den Jahren des 1. und 2. Weltkriegs waren nur die öffentlichen Umzüge verboten, die „Baizefasnacht“ war ausdrücklich erlaubt.

Die Baizen dürfen offenbleiben und werden angesichts der Tatsache, dass die meisten Leute sich frei genommen haben, auch gut besucht sein – ein Bangg darf aber nicht auftreten. Man hätte auch Gässle in Gruppen, z.B. unter 50 Personen, zulassen können. Ist denn da das Risiko grösser als in einem mit Einkaufwilligen vollbesetzten „Achter“ (wie gesagt: die Leute haben ja jetzt Zeit) nach Weil? Dass auch Kleinstanlässe etwa in Cliquenkellern untersagt werden, spricht jeder Verhältnismässigkeit Hohn.

Dass es der Regierungsrat verpasst hat, eine Lösung mit Augenmass zu beschliessen und damit den Fasnächtlern gewisse „Ventile“ zu bieten, um ihre mit Herzblut vorbereitete Fasnacht wenigstens ein bisschen auszuleben, könnte sich noch rächen. Fasnacht ist bekanntlich nicht zu knapp auch Anarchie und dieses völlig überrissene Verbotsregime könnte Gegenreaktionen und zivilen Widerstand in ganz neuem Ausmass hervorrufen. Die „Letzten im Umzug“ sind dann die bedauernswerten Ordnungshüter, die illegale Fasnächtler büssen oder gar abführen müssen. Wobei man sich schon fragen kann, wie die Hermandad dann mit einigen hundert oder mehr Kostümierten fertigwerden will, die eine Vielzahl unbewilligter Kundgebungen in der ganze Stadt durchführen und das erst noch vermummt. Bei den diversen Saubannerzügen in den letzten Jahren hat das ja immer wunderbar geklappt.

Hier die persönliche Meinung von fasnacht.ch-Redaktor Daniel Thiriet:

Ist diese Absage richtig?

Ist diese Absage richtig? Auf diese Frage gibt es keine richtige Antwort. Nur ein paar Meinungen. Und damit es gleich klar ist: ich bin nicht der Meinung, dass man nun mit allen Mitteln versuchen muss, möglichst kreativ «trotzdem Fasnacht» zu machen. Der Bundesrat trägt die Verantwortung, dass sich eine spanische Grippe (mit immerhin 25 Millionen Toten) nicht wiederholt. Und diese Verantwortung verlangt nach Entscheidungen, die mit Sicherheit nicht allen Menschen gefallen. Vor allem nicht den Fasnachtstreibenden. Und dafür habe ich vollstes Verständnis, weil es auch mir stinkt. Und es ist unglaublich schmerzhaft, wenn man denkt, was eine Stammclique, eine Waageclique, ein Bangg oder auch ein Grüppli während den letzten Monaten gearbeitet hat – und es nun für die Katz ist: All die gebauten Wääge, die gemalten Ladäärne, die gedrechselten Verse, die Jubiläumsfeiern usw. Schrecklich. Traurig.

Wo mein Verständnis aber schlagartig aufhört ist beim Aufheulen all jener, die heuer kein «Geld» verdienen können an uns FasnächtlerInnen, die halt nicht einkehren, keine Würste kaufen, keine Hotels beziehen und keine Orgien feiern. Das ist Berufsrisiko. Und im Zusammenhang mit diesem Virus trifft es ja wirklich nicht nur die Basler Fasnacht. Sondern die ganze Weltwirtschaft (Baselworld, Autosalon, Messen in ganz Deutschland…) Das hat nichts mit Emotionen zu tun, sondern dieses Riskio trägt man als Gewerbetreibender. Und die letzten 100 Jahre ging das ja gut.

Zudem: All die Schmähkommentare über die «dumme Sieche in Bärn» oder die «unfähige Regierung» sind wohl voller Emotionen, aber dennoch würdelos und zeigen, dass die Kommentierenden keinerlei Ahnung haben was es heisst, Verantwortung im grösseren Umfang zu tragen. Und ich wünsche mir auch, dass diese Proleten auch niemals Mitmenschen anführen müssen. Auch die Gegenargumente „Skifahren, Drämmlifahren, Grossraumbüro“ sind wenig überlegt und auch falsch.

In den letzten 2 Monaten hatten wir kreative Fasnacht im Überfluss. All die Vorfasnachtsveranstaltungen konnten ungehindert durchgeführt werden und bleiben uns in bester Erinnerung. Und deshalb sollten wir uns murrend, aber letztlich widerstandslos dieser für die Behörden und das Fasnachts-Comité schwierigsten Entscheidung fügen. Und nicht so tun, als würde man uns die Fasnacht verbieten, weil wir den Teller nicht leer gegessen haben.

Duureschnuufe, das beste daraus machen und sich auf 2021 freuen. Falls die Welt dann noch existiert.