Die Voraussagen sahen ja erst Schlimmes kommen, zum Schluss war es denn nicht ganz so arg – aber nach der Kür am Montag gestaltete Petrus den Mittwoch-Nachmittag schon eher als Pflichtübung. Die Cortège-Teilnehmer sahen es meist locker und hatten den Vorteil, sich durch deutlich geringere Menschenansammlungen drücken zu müssen. Wir waren erneut am neuen Comité-Standort am Claragraben.
Und schliesslich bleibt es ja dabei: Fasnacht ist nur einmal im Jahr! Da lässt man sich von erhöhter Luftfeuchtigkeit doch nicht beeindrucken. So nutzten die Cliquen, Guggen, Wagen und Gruppen auch heute die Gelegenheit ihr Sujet und sich selbst zu präsentieren. Hier einige Eindrücke:
Apropos «sich selbst»: In eigener Sache ist der Stamm der Alte Stainlemer unterwegs. Sie haben sich für Frauen geöffnet und haben das Sujet «Venus gib uns Frau».
Wer sich weiblicherseits trotz des martialischen Auftritts trauen möchte, kann die eigene Eignung mit dem Zeedel testen, der ein Würfelspiel enthält. Man sieht dort, dass spezielle Qualitäten gefragt sind:
Bisch du au muetig, wottsch go jage,
denn sammle könne au die andere
kasch Flaisch und Bluet au guet verdraage,
dörfsch grad fümf Fälder füre wandere
Wer es geschafft hat, landet dann auf Feld 28 und bei der Erkenntnis:
Jetz hesch dä stainig Wäg bezwunge
D Neander-Staine nimmt dy aa
Härzligge Glüggwunsch: dir ischs glunge!
Im Grund gnoo bisch jetz fascht… e Ma
Die «Staine» bricht also eine Tradition – und die Giftschnaigge fragen sich, welche Traditionen man noch bewahren kann, wenn selbst Selbstverständlichkeiten in Frage gestellt werden:
Tradizionell wird us me Buschi, hett’s e Schnäbi dra
spöter, wenns denn gross isch, bald e starke Maa
Fählt das Merkmol, jä das gits hüffig au,
denn wird do drus – e Frau
Von den lokalen Sujets war neben den «Schuggern» erneut der ESC stark vertreten. Die Runzlebieger betätigen sich da als Propheten:
Alli loobe Basel, es isch famoos
Jubel im Joggeli und uff dr Strooss
Dr Gwinner vom Oobe, dä stoot scho fescht
Basel: douze points, Duu bisch die Bescht!
Ebenfalls wieder en vogue der abgesagte Totentanz, wobei die Rhyschnooge bezweifeln, dass man durch die Absage der Veranstaltung den Tod fernhalten kann:
D Kulturstadt Basel sait im Mai
Zem «Dood vo Basel» sagghart: Nai
Me wott vom Dood doo gar nyt wisse
Me glaubt halt fescht und findet s grisse
Wenn dää bi uns nit danze wurd,
Denn syg är wägg, dr Dood, und furt
so wird’s wohl nicht gehen, reimen onYva lakonisch zum Thema
Es isch beleggd – sogar historisch
Jä dass dr Dood e Lääbens-Gfoor isch
Und dann gibt es noch Formationen, die ihr ureigenes, von niemandem konkurrenziertes Sujet haben. Nicht einfach – aber dem Junteressli-Stamm ist es gelungen. Sie beklagen, dass es die Traditionsbäckerei Krebs am Spalenring nicht mehr gibt und fragen:
Wie söll das jetz go? E Ladäärne moole
ohni zerscht Whiskey-Stängeli z hoole
Dazwischen immer wieder der bange Blick zum Himmel. Den wirft auch Comité-Obmann Robi Schärz, der sich aber nur wenig Sorgen macht, wie er uns erzählt:
Die Antygge stellen sich gegen den Shopping-Wahn bei chinesischen Onlineanbietern und haben dafür handfeste Gründe:
Uff Aliexpress , die muessch schnappe
kaufsch d Lääsibrille fir Sibzyg Rappe
Sogar e Etui isch drbyy
plus e Grindwee-Garantyy
Den Gender-Wahn machen die zusammenlaufenden Rippezwigger und Stadtpyffer anhand des Schneewittchen-Märchens deutlich – so wird es halt nichts mit dem Happy-End:
Im Schloof sait si: «Nur jo isch jo»
drum muess är wider haimwärts go
Woke haisst halt, so miemer brichte
uff vyl Läbensfraid verzichte
Auf Lebensfreude verzichten geht an der Fasnacht aber gar nicht, egal ob es regnet oder schneit (wir sind ja nicht die BVB). Also «Ab uff d Gass» zum Geniessen. Und wie man zu dieser Zeit unter Aktiven zu sagen pflegt «E schöne Rätschte!». Wobei das Manche schon kurz nach dem Morgestraich sagen – womit wir wieder bei der uralten Frage vom halbvollen oder halbleeren Glas wären. Der Chronist wünscht allen, dass es draussen trocken und drinnen recht feucht werde! Und zum «gluschtig mache» noch ein paar Bilder: