«E scheen Charivari» heisst das Motto der diesjährigen Vorfasnachtsveranstaltung – und das Charivari erfüllt dieses Motto in perfekter Weise. Super performte Fasnachtsmusik wechselt mit lustigen und teils auch nachdenklich stimmenden Wortbeiträgen. Insgesamt eine tolle Mischung, die zum Schluss zu Recht mit einer Standing Ovation belohnt wird.
Kürzt man das diesjährige Motto ab, so kommt nicht überraschend «ESC» heraus – und das ist auch der Rote Faden, der sich durchs Programm zieht. Sämtliche Darbietungen werden aus dem Off in der bekannten ESC-Manier benotet. Die bühnenfüllende und machtvolle Darbietung der Gugge Schränz-Gritte etwa erhält «Ten points» – und zwar vom Gehörlosenverband. Der sauber vorgebrachte «Hanswurscht» der Spale-Clique muss sich zu Unrecht (!) mit «Zero Points» bescheiden – und zwar von der «Alte Richtig», denn die können es zwar nicht besser, machen es aber schon länger.
Urgewalt Stephi
Ebenfalls ungerechtfertigt nur Zero Points bekommt das erste Rahmenspiel, welches in urkomischer Art die hilflosen Versuche der Kantonspolizei karikiert, die Lücken im Personalbestand zu schliessen. Ein Riesenkracher in diesem Stück ist die sich bewerbende Marie-Therese Ruckstuhl, die bereits auf dem Weg zum Vorstellungsgespräch die ersten Bussen verteilt und dem Interimskommandanten den Tarif erklärt. Im Vorfeld hatte Charivari-Obmann Walter F. Studer erklärt, man werde die in diesem Jahr jubilierende Stephanie Schluchter nicht in dieser Paraderolle sehen. Das war zum Glück das Legen einer falschen Fährte: Auch in ihrem 20. Charivari brilliert die Urgewalt der Saftwurzel Schluchter. Die «Zero Points» kommen übrigens von der «Family Eggmann» (=Eymann).
Und Stephi bekommt noch eine weitere auf den Leib geschnittene Rolle in der Schlussnummer. Zu Nemos «The Code» singt und schreit Frau Ruckstuhl ihre Emotionen raus – von Wut über Verzweiflung bis zur schliesslich glücklichen Erleichterung. Einfach grossartig!
Lob dem gesamten Ensemble
Das Sonderlob für die Jubilarin soll aber keineswegs die Leistung des übrigen Ensembles mit Cyril Geiger, Tim Koechlin, Tatjana Pietropaolo, Beatrice «Struppi» Waldis und Olivia Zimmerli schmälern. Alle konnten sich etwa im Stück über die Entstehung der Basler Fasnacht – toller Text! – zur Geltung bringen. Grossartig auch die Gendergaga-Tiraden von Koechlin, der verärgert zur Kenntnis nehmen muss, dass «queere» Aktivitäten auch im Tierreich vorkommen. Ihre komischen Qualitäten spielt Olivia Zimmerli in einer Nummer über Frauen in Männercliquen oder Zünften auf das Köstlichste aus, nicht weniger lustig assistiert von Struppi, Tatjana und Stephi beim gesungenen Quartett «Wenn Männer unter Männer sind».
Tolles Jubiläum der «Schäärede»
Das 20-Jahre-Jubiläum feiern auch die «Schäärede». Zu Recht bekommen sie von den «Horny Boys» zehn Punkte. Bei den Juroren handelt es sich um die Pfeifergruppe «Spitzbuebe», die normalerweise alternierend mit den Schäärede auftreten; in diesem Jahr sind aber beide auf der Bühne zu sehen. Auch dies ein echter Gewinn des Charivari 2025. Die «Spitzbube» wurden übrigens mit «Ten Points» juriert – und zwar von «Sheepcorner»-Wirtin Gordana, wobei das gleichzeitig ausgelobte Blech Bier die Jungs wahrscheinlich mehr interessiert hat.
Ein zweites Mal kamen die Piccolos der «Schäärede» bei ihrem Jubiläums-Medley perfekt zur Geltung. Von Michel Robertson arrangiert und begleitet von früheren Weggenossinnen und der Charivari Rockband spielten sie Schnipsel aus früheren Auftritten an – schlicht SENSATIONELL! Trotzdem vermochten sich die «Antibrumm» – vulgo Muggedätscher – nur zu acht Punkten durchzuringen.
Vieles mehr ist zu loben
Noch zu den Schnitzelbänklern. Im zweiten Teil zeigten die «Gwäägi», warum sie einen Vertrag als Hausbangg bis 2035 haben. Einige der Verse, etwa über die Herstellung von Dubai-Schokolade oder den Lieblingsaufenthalt von Roger Köppel, hätten auch zum Programm der «Gryysel» gepasst. Der Drämmli-Schnee-Vers hat aber wohl bald Kultstatus.
Im ersten Teil besticht das «Dintelimpli» mit der leider selten gewordenen Fähigkeit, dass Publikum bis zur Pointe auf die falsche Fährte zu locken. Die Pointen selbst sind manchmal nahe an der Gürtellinie, aber immer gut. Nur: drei Eric-Weber-Verse sind der Ehre nun wirklich zu viel – bitte abspecken!
Keinesfalls abgespeckt war die Darbietung der Uelischränzer, die machtvoll die Volkshaus-Bühne dominieren und den zweiten Teil des Programms eröffneten. Und geradezu phantastisch die Licht- und Ton-Show der Tambouren Fasnachtszunft Ryburg & Rotstab-Clique Liestal 1930. Im Gegensatz zu den hier jurierenden «Ruesser» vergibt der Chronist locker «Twelve Points».
Zu nennen wären auch noch Maurice Weiss und die immer wieder auftretenden Solisten Patrick Stalder an der Klarinette sowie Marvin Näpflin am Schwyzerörgeli, welche die in den letzten Jahren etwas störenden Umbaupausen launig-lüpfig überbrückten.
Ja, es wären eigentlich alle Auftretenden und praktisch alle Nummern zu loben, denn Durchhänger – und das darf ruhig speziell betont werden – Durchhänger gibt es im Charivari 2025 keine – und das ist gut so!
Eine Enttäuschung zum Schluss – für alle, die noch kein Ticket haben. Das Charivari 2025 ist praktisch ausverkauft. Ein spontaner Gang zur Abendkasse könnte sich trotzdem lohnen: Es ist ja Grippezeit.