Källerstraich 2020: Entschuldigung!

14. Februar 2020 | Von | Bilder: André Auderset | Kategorie: Nachrichten

Ich muss zugeben: In der vergangenen Jahren habe ich gelächelt über die KollegInnen, die sich darum gerissen haben, über den Källerstraich zu berichten. Heute sage ich: Entschuldigung, Källerstraich! Ich habe mich geirrt!

Die Vorfasnachtsveranstaltung des Basler Marionetten Theater «Källerstraich» wurde im September 2019 innert 24 Stunden restlos ausverkauft. Und das sind über 1100 Plätze. Und jetzt weiss ich warum. Der Abend war ein Genuss. Mit Abstrichen zwar, wenn man wirklich pingelig sein will, aber alles in allem: grosse Klasse.

Schon die Eröffnung des Abends: Noch bevor man richtig realisiert, dass die Vorstellung jetzt begonnen hat, tritt eine Marionette auf und bittet die Zuschauer daheim nachzuschauen, ob jemand die Briefmarke «Basler Dybli» liegen habe. Er wisse nämlich nicht mehr, wo sie ist. Und schon sitzt die erste Pointe, ohne Vorwarnung. Weiter geht’s mit dem Marionetten-Schnitzelbangg «D Antikeerper», die sich durch das ganze Stück hangeln und immer wieder für wunderbare Gags anbieten auf der Suche nach ihren Sujets und Versen.

Und ich hätte es niemals erwartet: Die lustigsten, schönsten und optisch grossartigsten Momente auf dieser Bühne (vorne eine normale Bühne und im Hintergrund die Spielfläche für die Marionetten) waren jene, in denen Marionetten und Puppen mitspielten, was ja auch die Kernkompetenz des BMT ist.  Da gab es eine Herbert-Groenemeyer-Parodie (in Hochdeutsch) unter dem Titel: «Gib mir ein Mimösli her» (Gesang: Markus Blättler – Chapeau!) oder im zweiten Teil den «Basler Drämmli Greens (statt Blues)»: Eine einsame Marionette steht auf dem Barfi und «will haim». Das geht aber nicht: «Zwölf Schofför sinn grangg, die andere hänn frei, drumm kunnt kai Dram me, bis am drei!». Begleitet von einer Schnuregiige-Marionette: Gänsehaut!

Auch sehr lustig die immer wiederkehrenden Balkonszenchen und als grandioser Regie-Einfall: Jedes Mal wenn im Text irgend eine Stelle auftauchte, die klimaschädigend sein könnte («Mr fliege am Wuchenänd nach Shanghei»), taucht mit Hitchcock-Klängen eine Greta-Puppe mit Streik-Plakat auf. Es ist anzunehmen, dass dies eine der drei extra für diesen Källerstraich hergestellte Puppe war…! Ebenfalls per Marionette wurde durch eine Kassensturz-Parodie gezeigt, wieviel Geld ein Zürcher auszugeben hatte, um inkognito – aber erfolglos – an der Basler Fasnacht teilzunehmen. Und ein weiterer, musikalischer Höhepunkt: Ein Live-Tambour und ein Marionetten-Tambour trommeln das «Duell» von Alex Haefeli. Grandios.

 

 

Damit an diesem Abend auch etwas Fasnacht mitschwingt, wurde die Pfyffergrubbe «Ego-Säu» und ein paar Schnitzelbägg aufgeboten. Die Pfyffergrubbe pfeifft präzise, mehrstimmig virtuos und auch hier das eine oder andere Mal mit Hilfe von Marionetten (z.B. einem Dirigenten, der sich im Hintergrund zuerst mit einem Tambourmajor um das Dirigat schlägt…). Sie zelebrieren die Welturaufführung, den neuen Marsch von Cornelius Buser «Heirassa».

Wir erleben an diesem Abend noch die Schnitzelbangg-Formationen d Lumpesammler (aus Zwingen) mit einem tollen Refrain, d Giftspritzi, die Unerheerte, dr Schyynhailig und d Dreydaagsfliege. Die beiden letzten Formationen haben ihre Bühnenreife für dieses Jahr erreicht. Der absolute Hammerbangg kam aber wieder von den Marionetten: Zum Abschluss des Kellerstreichs sangen die drei Marionetten unter dem Namen «d Antikeerper» ein paar Verse, wo jeder davon eine starke Pointe hatte.

Einen Auftritt hatten auch d HitPirate. Die ehemaligen Bänggler mit den eigentlich  wunderschönen Liedern und tollen Texten (Jürg Jösslin) wurden Opfer der Premièrennervosität. Textunsicherheiten verdarben den Auftritt am Premièrenabend.

Bref: Ein toller Abend. Ein grosses Kompliment den Autoren Markus Blättler und Christoph Haering und dem Ensemble BMT (Dieter Aegeter, Susi Hostettler, Christa Nater Benz  und Marianne Zedi). Eine der Spielerinnen führte ihre Puppe während eines Pfyffermarsches live auf die Bühne, sodass das Publikum sehen konnte, welche Kunst es ist, eine Puppe zu führen. Ein Hoch auf diese Idee und ich verspreche: Ich werde nächstes Jahr nicht mehr lächeln. Sondern um die Möglichkeit der Berichterstattung kämpfen!

 

Die Aufführungsdaten 2020 sind für Sie – leider – nicht mehr relevant. Es sind alle Plätze verkauft. Merken Sie sich den 12. 9. 2020 um 9 Uhr. Dann beginnt der Vorverkauf für 2021!