In diesem Jahr feiert man auch am Spalenberg, genauer im Theater Fauteuil, das Basler Münster. Zudem ist das Pfyfferli 2020 mit dem Basler Marionetten Theater eine Co-Operation eingegangen die sich gelohnt hat.
Wenn man den roten Faden für das diesjährige Pfyffeli sucht, wird man umgehend fündig. Obwohl Hausherrin Caroline Rasser angekündigt hat, sie würde in der Ausgabe 2020 nicht dem Ensemble angehören, war das nur die halbe Wahrheit. Im Basler Marionetten Theater wurde eigens eine kleine Handpuppe in Gestalt ihres Pfyfferli-Harlekins gefertigt und sie stellen mit Markus Vogt (für die Premièrenvorstellung) auch gleich noch den Puppenspieler. Sie selber gibt der Puppe ihre Stimme und so ist sie doch allgegenwärtig auf der Bühne. Nun erscheint die Puppe regelmässig auf der Bildfläche, holt die träumenden Schauspieler auf den Boden der Realität zurück, beschwichtigt eskalierendes Gedankengut oder ist sogar mit einer Lösung in Fasnachtsessenziellen Fragen zur Stelle. Selbst der kleine Hund Alain, hat einen kleinen Gastauftritt, muss jedoch befürchten, dass er gepresst und in ein Album gesteckt wird.
Der zweite rote Faden bildet der Geburtstag unseres Basler Wahrzeichens. Angefangen mit dem Prolog wo die am Münster angebrachten Sandsteinfiguren, einschliesslich des Wasserspeiers, sich hoch über den Dächern von Basel über die Geschehnisse in unserer Stadt ärgern. Im Kreuzgang des selbigen Gotteshauses streiten abgelebte Daig-Mumien über Sinn und Unsinn von gesellschaftlicher Hierachie, früher wie heute und steigen im Epilog schliesslich vom Münsterturm, streifen ihre Kostüme über und machen das einzig richtige, nämlich gemeinsam Fasnacht. Die diesbezüglichen Szenerien sind wunderbar ausgearbeitet und dargestellt. Die künstlerische Handschrift von Domo Löw ist unverkennbar und versetzt die Gäste tatsächlich in eine sakrale Atmosphäre.
Ansonsten sind die Rahmenstücke ein Spiegelbild des Weltgeschehens. Angefangen mit der wahnwitzigen Odyssee, beim Vorhaben mit irgend einem Verkehrsmittel von Muttenz nach Basel gelangen zu wollen. Zugegeben eine kleine Welt, jedoch für die hier in unserer Agglomeration lebenden Menschen ein Ärgernis, welches sich täglich wiederholen kann. Salomé Jantz und David Bröckelmann, glänzen in dieser Nummer als gestresstes Paar, welches mit allerlei Rollmaterial versucht ins Theater zu kommen und schliesslich den Weg zu Fuss ins Fauteuil finden, zu spät notabene.
Passiver oder aktiver Extremtourismus in Gegenden wo sich die Interessierten gewaltbereiten Demonstranten anschliessen können, bildet das Thema einer weiteren Nummer. Myriam Wittlin, Charlotte Heinimann und David Bröckelmann sind sich uneins, welche Destination wohl die Geeignetste sei und kommen schlussendlich zu einem überraschenden Ergebnis.
In hellen, weiten Gewänder gehüllt, schweben die Mitglieder des Ensemble über die Bühne, getragen von sanften Pianotönen. Der Text ihres Gesangs spricht jedoch vom wiederum aufkeimenden braunen Gedankenguts, was in vielen Ländern und leider auch hier wieder verstärkt wahrgenommen werden muss. Eine sehr beklemmende Nummer, obwohl sie offenbar bewusst in einer beschwingten Leichtigkeit vorgetragen wird.
Zum Glück holt die grossartige Bettina Urfer mit ihrer Virtuosität auf dem Piano, die Besucher mit wohlklingender Fasnachtsmusik, wieder in die Wohlfühlzone zurück und leitet über zur nächsten Nummer.
Toll umgesetzt ist auch der Rahmen „iber de Wulgge“. Wie die Meisten in dieser Pfyfferli-Spielzeit, stammt auch der Text zu dieser Nummer von Felix Rudolph von Rohr. Mit der Melodie von Reinhard Mey’s „Über den Wolken“ stellen sie die Klimafrage, weil doch immer noch jedermann/frau in ein Flugzeug oder Kreuzfahrtschiff steigt, unter dem Motto: „das bizzeli Gschtangg und Drägg“.
Für viele Lacher sogt das Ensemble im Rahmen „Ändstazioon Fasnacht“. Fünf unterschiedliche Menschen, fünf unterschiedliche Schicksale, aber fünf in etwa gleichgelagerte Problemfelder. Ungemein gut vorgetragen von den fünf grossartigen Darsteller/Innen.
Auch in der Nummer 4051 beweist das Ensemble sein grosses Können und führt das Publikum mit Spiel und Gesang in eine Wohlfühloase. Natürlich darf in einem Pfyffeli die Hassliebe zwischen Stadt und Land nicht fehlen, also hat Felix Rudolph von Rohr, Roland Herrmann ein Stück auf dem Leib geschrieben, in welchem er als etwas angesäuselter Banntagverirrer, den Aufstand gegen die Städter Probt.
Eine Solonummer hat auch Salomé Jantz. Als Trudi Gerster, treibt sie den Gästen die Tränen in die Augen. „Primärlistund“, wo tierische Waldbewohner die Schulbank drücken, ist der absolute Höhepunkt des diesjährigen Pfyfferli. Aussehen, Stimme, Gestik und ein lustiger Text, welcher zwischendurch gar nicht mehr zu verstehen war, weil das Publikum dermassen gelacht und geklatscht hat, ist einfach phänomenal!
Das Theater Fauteuil hat mit der neuerlichen Aufführung von HD Soldat Läppli einen Grosserfolg feiern dürfen. Unter den Premièrengästen befand sich auch der Hauptdarsteller dieser Produktion Gille Tschudi. Eine etwas kleiner Ausführung seiner Figur findet ebenfalls noch Aufnahme im diesjährigen Programm und diese Handmarionette darf sich nun 60 Pfyfferli-Vorstellungen von der Bühne aus ansehen.
Fünf Schnitzelbängg sind für das Pfyfferli 2020 gewonnen worden. Alternierend stehen: Dr FMH, Tam Tam, dr Singvogel, Dr Heiri und dr Spitzbueb auf der Bühne. Am Premièrenabend fand dr Heiri aus Buggten/BL den Weg nach Basel ins Fauteuil und er rockte…äääh „rapte das Haus“. Wie immer mit seinem Kälbchen an seiner Seite, ausgestattet mit Sonnenbrillen, viel Elan und tollen Bänken, sorgt er für grossartige Stimmung. Einfach ein Spitzenbank!
„Spitz(e)“ trifft auch auf den zweiten Bänggler dieses Abends zu, handelt es sich doch um den Spitzbueb, welcher moniert, dass man „Maitlibai“ nicht mehr sagen darf, aber Spitzbuben noch immer verzehrt werden dürfen. Ihm hat es die BVB angetan und prangert „d Laid-Schtell“ und deren dauernden Durchsagen an. Toll!
Auch die Fasnachtsmusik darf in einem Pfyfferli nicht fehlen. Engagiert wurden hierfür „an de Piccolo“: Barfiessler, D Bajass Clique, Mix und Zimmerlinde, mit de Drummle: Chrisibuebe, PiSDiG, Bâsilicum. Die Pfeiffer glänzen mit dem „Brantgass-Rag“ die Tambouren mit dem „es ruesst“ und gemeinsam bringen sie „s Narreschiff“ und „dr Basler Marsch“ ins Theater. Allesamt wurden bravourös vorgetragen, was die Pfeiferkönigin Valeria Balmelli, welche sich ebenfalls unter den Gästen befand sicherlich bestätigen kann.
Weiter unter den Gästen fanden wir Dani Wittlin. Der langjährige Pianist des Pfyfferli, hatte heuer mit dem Programm nichts zu schaffen und durfte erstmals ganz unvoreingenommen die Premièrenvorstellung geniessen. In der Pause entgegnete er, mit wässrigen Augen, wie gut es ihm gefallen würde. Dem ist meinerseits nicht viel zuzufügen. Das Pfyffeli besticht wiederum mit tollen Schauspielern/Innen, guten Texten, feinen Melodien, Spitzenbängge, schöner Fasnachtsmusik und Kulissen, die den Gästen ein aaaaahhh…. entlocken können. Die Co-Operation mit dem Basler Marionetten Theater ist eine grossartige Idee und passt prima in diesen vorfasnachtlichen Rahmen.
Die Vorstellungen sind gemäss Claude Rasser ausverkauft. Es kann aber durchaus sein, dass die eine oder andere Karte an der Abendkasse ergattert werden kann….
Daten / und Tickettkauf
10. Januar bis 1. März 2020, Di bis Fr 20 Uhr / Sa 18 + 21 Uhr / So 16 + 19 Uhr
Vorverkauf: www.fauteuil.ch und Tel. +41 61 261 26 10,
THEATER FAUTEUIL Spalenberg 12
CH 4001 Basel
briefkasten@fauteuil.ch