Die Stammcliquen überbieten sich am diesjährigen Drummeli in Sachen phantasievolle Auftritte. Da werden Märsche uraufgeführt, mit einem stimmungsvollen Auftritt begleitet und mit allerlei Überraschungen garniert. Ein tolles Menu, zu dem auch der Schnitzelbangg und die „Gugge“ formidabel passen. Ebenfalls sehr variantenreich sind die Rahmenstücke.
Die Zeiten sind endgültig vorbei, als eine Stammclique im Charivari auf die Drummeli-Bühne kommt (ausser, man heisse Alti Richtig) und dort vor düsterem Hintergrund einen traditionellen Marsch intonierte. Heute ist Phantasie gefragt, beim Musikalischen wie beim Drumherum. Dies setzen die Formationen am diesjährigen Drummeli perfekt und immer wieder überraschend um.
Der Start ist vom musikalischen zwar mit dem „3. Värs“ der Schnooggekerzli eher traditionell (aber immer wieder gern gehört), dafür ist die Atmosphäre auf der Bühne mit der Laternenausstellung wahrlich eine Augenweide.
Und man muss im Publikum aufmerksam und schnell von Begriff sein, denn vom Münsterplatz geht es mit der Jungen Garde der Alte Stainlemer rasant nach Hollywood – die Stainewood Cops ehren mit „Dr Axel vom Aubärg“ den „beriemte Schugger mit ere ganz schnälle Schnuure“, alias Axel Foley aus Beverly Hills Cop.
Noch etwas weiter südlich, nämlich nach Mexiko, treibt es die Wettstai mit „D’Wanze“. Ob jetzt Wanze und Küchenschabe biologisch völlig dasselbe sind, muss wohl bezweifelt werden – aber die tolle Komposition von Anton Rüedi (Piccolo) und Daniel Kolp (Trommel) erinnert im Refrain doch sehr stark an „La Cucaracha“, die Hymne der mexikanischen Revolution gegen die Franzosen.
Viel verlangt die Alti Richtig dem Publikum ab, spielen sie doch aus der Sammlung Alter Schweizer Märsche ihres Cliquengründers Fritz „Frutz“ Berger jeden Abend einen anderen Teil. Der erste Puzzle-Teil war anscheinend für „Frutz“ kein Genuss. Er erscheint via Beamer aus dem Himmel und staucht die Clique zusammen, nicht wegen der „Goschtym“ (s. vorne), sondern wegen des Vortrags. Ein Tenor-Quartett zeigt dann, wie es richtig sein soll. Guter Gag!
Die Rhyschnoogge dagegen setzen ein Puzzle am selben Abend zusammen, und zwar eines aus Pizza, Paella und Kebab, um nur einige Teile zu nennen. Passend heisst der von Dorothée Anderegg (Piccolo) und Claudia Beck (Trommel) komponierte Marsch „Secondolino“. Aus dem Kleinbasel via Bella Italia und Viva Espana geht es schliesslich mit Mani Matters „Sidi“ nach Arabien – und wieder zurück .
Das seit letztem Jahr neu gestaltete Programmheft des Drummeli ist deutlich informativer geworden und bietet den Cliquen die Möglichkeit, noch einiges zu ihrem Auftritt zu erzählen. Die Basler Dybli nützen dies mit dem Abdruck einer herrlichen Anekdote: Richard Wagner soll mal einen Drehorgelspieler zusammengestaucht haben, weil dieser ein Wagnersches Stück viel zu langsam spielte. Am nächsten Tag stellte der berühmte Komponist erfreut fest, dass das Tempo nun stimmte – und mit Erstaunen ein Schild auf der Drehorgel mit dem Text „Schüler von Richard Wagner“. Übrigens: Das Tempo des dargebotenen Marsches „Draiörgeli“ von Arth Paul (Piccolo) und Nicola Dreier (Trommel) stimmte perfekt…
Eher traditionell geben sich die Alte Glaibasler, mit dem Trommelmarsch „D’Ysebahn“. Das soll aber nicht heissen, dass es sich die AGB einfach gemacht hätte – diesen Marsch so zu trommeln, dass man sich wirklich auf Schienen wähnt, ist alles andere als eine leichte Sache. Und die vorbeigetragenen Bäume waren ein herrlicher Regie-Einfall.
Von der Schiene auf die Piste bringen uns die Rhygwäggi mit dem Hit „Alles fahrt Schi“, eine fasnächtliche Uraufführung zwar (arrangiert von Cornelius Buser), aber natürlich ein Gassenhauer sondergleichen – und ein richtiges Highlight des ersten Teils. Die Trommeln wurden durch Schi, Schischuhe und -stöcke ersetzt. Schlicht s Maximum! Ursprünglich komponiert übrigens vom Trio Ammann – aus Basel. Da hätte man Bündner oder Berner Macher vermutet. Ein Kompliment auch der Rhygwäggi-Recherchierarbeit!
Und es folgt gleich noch eine Uraufführung, nämlich „s Protäschtmärschli“ der Gundeli, eine Komposition von Beery Batschelet mit Trommeltext von Ivan Kym. Leicht haben es die beiden den Musikern nicht gemacht mit dieser Collage aus Protestliedern von Russland bis Pink Floyd.
Das Trio der Uraufführungen komplettiert DER Sommerhit schlechthin: „In the Summertime“, ursprünglich von Mungo Jerry. Arrangiert von Alex Hendriksen spielen die Breo. Aber es ist nicht alles Sonnenschein. Während des Vortrags wird das Rheinbord auf der Leinwand dahinter zugelittert. Eine höchst intelligente Nummer, brillant gemacht.
Umbenannt in Vereinigtes Königliches Britannien haben sich die VKB und spielen dazu entsprechend den Brielmann-Marsch „D’Brite 79“. Auch hier bekommt man eine ordentliche Geschichtslektion, dieses Mal aus dem amerikanischen Befreiungskrieg gegen die Briten, in dem es um Tee ging (Boston Tea Party) und viele Märsche entstanden, die heute noch Basis des fasnächtlichen Musizierens in Basel sind. Ein Unterschied zu heute: Tee spielt bei der VKB eine eher untergeordnete Rolle.
Haarig und fetzig endet der erste Teil des diesjährigen Drummeli – dies mit den Sonate-Schlyffer und dem Hair-Hit „Aquarius“. Da soll einer sagen, heutige „Gugge“ schränzen nicht mehr…
Die Rahmenspiele – wie sie jetzt heissen – sind unterhaltsam und genauso variabel wie die musikalischen Vorträge. Es gibt feinsinnige „Rääme“ wie auch sehr düstere mit bitterböser Bankenkritik. Und dann noch eine herrlich surreale Parodie des Basel Tattoo. Unter Regie von Bettina Dieterle spielen Suzanne Thommen (eine herrlich schrullige Dalbanesin), Andrea Pfähler (als super-sexy Kopie von Sylvie van der Vaart), Viola von Scarpatetti (als in den Wahnsinn getriebene Taxi-Kundin) sowie Marcel Munschin ((grandios als Muttersöhnchen der Dalbanesin), Hugo Buser (Erik Julliard-Kopie in Perfektion) und Domenico Pecoraio … Beachtlich ist die Leistung bei Letzterem, sprang Pecoraio doch in buchstäblich letzter Minute für den erkrankten Kurt Walter ein. Den sieht man immerhin in einer aufgezeichneten Nummer als „Waggis ledig sucht“. Auch dies ein echter Höhepunkt.
Ebenfalls zum Wortteil gehört natürlich der Schnitzelbank. Mit dem Doggter FMH hat man hier einen sicheren Wert, auch wenn die gewohnte Schwester Erika dieses Jahr nicht mehr dabei ist. An Nachfolgerin Gundula wird man sich noch gewöhnen müssen. Gewohnt toll war die „ärztliche“ Show.
Den ersten Teil des diesjährigen Drummelis verlässt der Zuschauer in der Pause mit ausgesprochen gutem Gefühl… und viel Vorfreude auf den zweiten Teil.
Drummeli 2013. 2. – 8. Februar, täglich 19.30 Uhr, am 3. Februar auch 14 Uhr. Preise zwischen 38.- und 68.- Fr. Vorverkauf bei Bider&Tanner, Ticketcorner und via www.drummeli.ch
Weitere Bilder in der Drummeli 2013 Galerie.