Zofingerconzärtli 2009: Apathische Halbwahrheiten und andere Skurrilitäten

13. Februar 2009 | Von | Kategorie: Nachrichten

Sie riefen, die Fagunzen. Und «me», hat sich versammelt. Und das schon zum 120. Mal. A-, B-, C- und selbst D-Prominenz tummelt sich im Stadtcasino, wie uns das «Zofingerconzärtli» später weismachen will. V.I.C. – very important cervelats, sind zur ältesten Basler Vorfasnachts-Veranstaltung gekommen, die auch in diesem Jahr alle ihre Stärken ausspielt: unbekümmert, (politisch) unkorrekt – und hin und wieder auch unlustig, was den Studenten der Zofingia aber letztlich niemand übelnimmt. Das Publikum an diesem Premieren-Abend ist mit dem Conzärtli (erstmals 1889) gealtert – und bekommt von Caroline (natürlich nicht ohne ihren Kliby) kräftig eins aufs Dach: «Isch hütte Daig-Aaloss», fragt die freche Eselsdame in einer Paradenummer des Abends in breitem Thurgauer Dialekt, «joo waa, den lohnt sich nümme uff Widderluege z sägge…»

Zusammengehalten wird das Conzärtli wie gewohnt von den drei Stiggli-Lyyche: «Lyyche wird man nicht, man ist es, trägt es in sich und wird von uns entdeckt», sagen die Macher – und warnen sogleich: «Versuchen Sie also nicht, eine zu werden, es könnte ihr Tod sein.» So gesehen sind René Häfliger (alias Rednit Hafekäs), Francine Jordi (alias Frohsinn Jodeldidödeldu) und Samuel Schmid (alias Schäm-mi Nid) mit einem blauen Auge davongekommen. Und zwei von ihnen auch im Premieren-Publikum. Einzig der zurückgetretene Bundesrat wird nicht gesichtet. Selbst schuld, verpasst er doch einen weiteren Leckerbissen des Abends: sich selbst. Er wird hervorragend gespielt, philosophiert apathisch darüber, dass er als halber Bundesrat ja auch nur die Hälfte vergessen könne, erzählt Halbwahrheiten und halbiert die Armee – bis plötzlich aus dem Hintergrund ein Schuh geflogen kommt. «Ein Halbschuh», konstatiert er atypisch schnell, «jetzt sind wir schon zwei.»

Gut gelungen auch die Parodie des Basler Hans-Dampf-in-allen-Gassen per se: René Häfliger. «Ich bin rot, ich bin blau», singt er inbrünstig – deutet auf seine roten Haare und kommentiert seinen Zustand. Die Pointen sitzen, verlangen im Gegensatz zu Schmid indes ein deutlich höheres Mass an Insiderwissen – etwa dann, wenn die Anzahl Gin Tonic ins Spiel kommt oder er vernünftigerweise für den Heimweg aufs Velo verzichtet (die fast schon legendäre Auseinandersetzung mit der Basler Polizei lässt grüssen): «Nai, ych nimm s Deffli…»

Mit diesen – zugegebenermassen hohen – Messlatten nicht ganz mitzuhalten vermag die Parodie auf Francine Jordi. Sie, die von ihrer Mutter verstossen und dem Alpöhi anvertraut wird, auf der Weide den vorbeiradelnden Tony Rominger trifft und prompt von ihm angetan ist. Allerdings, die Szene bringt auf den Punkt, was das Conzärtli «wie allewyl» ausmacht: Plumpe Dialoge («Hesch jetzt gnueg Holz vor der Hütte», fragt der Alpöhi, als Francine vom Holzsammeln kommt – «wenn ych e grössers Körbli hätt, wurd s schnäller go») wechseln sich mit starken Wortspielen (etwa dann, wenn denn der Alpöhi von seiner Kuh spricht – von «Carla, die Bruni») und simplem Nonsens ab (als Erzähler der Szene amtiert Dalip Singh Khalsa, der stadtbekannte indische Strassenwischer, am Ende angereichert mit einer singenden Mülltonne – ohne Bebbi-Sagg notabene).

Bissig. Schamlos. Zuweilen skurril. Das Conzärtli 2009 ist inhaltlich geprägt von einer hohen Themen- und Personendichte: Guantanamo, Obama, Steinbrück, Karli Schweizer, Top Secret, General Guisan, Christoph Mörgeli, ex-Armeechef Nef, Stauffenberg, Ghandi – sie alle finden Platz in einer Inszenierung, die «me» begeistert aufnimmt. Ebenso wie die fasnächtliche Note durch die Lälli-Clique (z Basel, Saggodo) und das eigentliche «Conzert» (Christian Brunner spielt Frédéric Chopin). Und so resümiert «me» zufrieden:

Mir sinn Gopfriedstutz s Conzärtli

Mir sinn nid e Schnitzelbangg

Mir sinn au nid s Mimösli

Au kai Jordi-Schlagerschwangg

Weitere Impressionen vom Conzärtli gibts in unserer Foto-Galerie.