Warum soll an Basels ältester Vorfasnachtsveranstaltung ausgerechnet eine Parteipräsidentin ausgespielt werden, die keinerlei Bezug zur Region und auch sonst nichts Aussergewöhnliches «verbrochen» hat? Antwort: Weil man eine Fagunze (Aktiver der Zofingia) hat, der diese Person perfekt ausspielen kann. Es handelt sich unter dem Pseudonym «Brut Griener» um Ruth Genner, die wohl nur denjenigen bekannt sein dürfte, die sich sehr für Bundespolitik interessieren oder stark grün fühlen. Die vermeintlich schwache «Lyyche»-Wahl stellt sich aber als genau die richtige heraus, weil eine wahre «Rampensau» mit allen Körperteilen (Was für ein Hüftschwung!) und schrägem Gesang die Herzen und Lachmuskeln der Zuschauer im Sturm erobert. Und anscheinend hat sie für das Bundeshaus nur ein Anliegen:
S Dach wird solar und d Kupple hett
Denn bald e Windrad jedi Wett.
Die zweite Lyyche namens «Bello Cello» – ein nicht unbekannter Grossbänkler, hat dafür einen starken Bezug zu Basel (und notabene zur Fasnacht). Auch diese Fagunze überzeugt, vor allem, als er im zweiten Teil so richtig aus sich herausgeht. Über ihn wird bedauert:
Verständnisvoll isch bi ihm kaine
Will grad sy Lohn das isch kai glaine
Doch muesch das im Verhältnis gseeh
Bi so vyyl Fraue bruchts halt meh
Gar nationale Bedeutung hat die dritte – und schon von Statur her grösste «Lyyche» Louis-Pascal de Lamenter – vulgo aktueller Bundespräsident – und auch nicht beliebter:
Vo Martigny bis ganz nach Bärn
Het ihn partout jo kain meh gärn
Är iberheert ganz cool das Gschrey
So macht mes halt als Roi Soleil
Seine Nummern sind mit viel schwarzem Humor gespickt, vor allem hinsichtlich der Gesundheitsreform, die er teilweise als «Gevatter Tod» erledigt. Und der sehr bedauert, dass man «Dignitas» so viele Steine in den Weg lege, sei diese Organisation doch eine der effizientesten zur Besserung des Gesundheitswesens.
Die Erarbeitung der Sketches, das Einstudieren der Texte und die Proben fielen in die Prüfungszeit einiger der Laienschauspieler. Man merkt es wirklich nicht! Mit viel Liebe zum Detail werden die «Stiggli» präsentiert, in denen auch mal ein grossartiger HD Läppli oder eine täuschend echte LDP-Präsidentin auftauchen und als grosser Gag ein Schlumpf die Nummern erst mit der Ansage «Ich erbitte Bedenkzeit» und damit mit «Ich nehme die Wahl an» stört. Erwähnenswert sicher auch der pointenreiche und perfekt akzentuierte Prolog des «Läggerli».
So bleibt als einzige Kritik einzig der Hinweis auf die Pisa-Studie: Wenn im Programmheft einer studentischen Organisation das Wort «Hypothekenkriese auftaucht, graut es einen schon leicht. Das war aber ganz sicher die einzige Peinlichkeit eines rundum gelungenen Abends.
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