«No kunt’s Conzärtli au an d’Raie, zwai Wuche vor der Ziebelewaie.» Conzärtli? Das ist dann, wenn sich männiglich fragt: Ist das Vorfasnacht? Conzärtli ist aber auch dann, wenn vor der Vorstellung über die Grossleinwand Werbung flattern darf. Und Conzärtli ist erst recht dann, wenn eine Textpanne im Conzärtlicantus nicht peinlich, sondern belustigend wirkt. Wenn Bischof Koch mit Klobürste Weihwasser verspritzen darf. «Wie allewyl» ein Spagat zwischen Nonsens und tiefgründig schwarzem Humor, der scharfe Spitzen ausfährt. Ohne Rücksicht auf Verluste.
Das 1889 erstmals aufgeführte Zofingerconzärtli hat auch als Grossmutter aller Vorfasnachts-Veranstaltung nichts von seiner Frische eingebüsst. Die Fagunzen zünden ein regelrechtes Feuerwerk an vielen gelungenen, vereinzelt weniger gelungenen und oftmals schlicht sensationellen Pointen an. «Sabolott!» Besonders gelungen kommen die Figuren des Bischofs Koch (hauptsächlich als Gesandter der eigentlichen Stiggli-Lyyche «Benedikt der 17. Knorrli» in Erscheinung tretend) und von «Mme. Calamité» daher. Sie, Frau Bundesrätin, mimt keineswegs eine Katastrophe und lässt mit authentischen Mesh-Stränen die chinesischen Gastgeber wissen: «Uns fliegen die Gefangenen auch nur so um die Ohren.» Und mit betörendem welschem Akzent nimmt sie die Beichte des Herrn Bischof ab: «Mit der Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe hat die Schweiz quasi auch für die katholische Kirche gestimmt.»
«S wird kritisiert, s wird parodiert, s wird uf der Bihni ummegfiehrt. Das isch Fagunzebruch.» Und schon fliegt der nächste Gummiadler auf die Bühne. Die Vogelgrippe ist allgegenwärtig. Doch auf schräge Komik folgt der nächste Hammerschlag – das hat System: «Ich bin nicht frigid», wehrt sich der Bischof, «ich bin zölibatär.» Röschenz hängt wie ein Damoklesschwert über der Casinobühne. Der echte Pfarrer Franz Sabo, der im Premierenpublikum sitzt, nimmt die Rückendeckung wohlwollend zur Kenntnis. Derweil ist «Öpi Huhn» leicht angesäuert ob seines Keepers: «Zubi gleicht Kate Moss – er klebt auch immer an der Linie.»
Päng. Dätsch. Der nächste Spruch sitzt. Das Feuerwerk geht weiter, da nimmt man Ausrutscher und hie und da verpuffende Schlusspointen gerne in Kauf. Wahlfälscher Hammel ist Thema, der Rücktritt von FDP-Präsident Urs Schweizer, der Bündner Bär. Im «allewyl» sackstarken Prolog-Monolog wird der Begriff «Zäch-Prellerei» erklärt. Die Macher packen rein, was nur reingeht. Das fordert vom Publikum höchste Konzentration.
Conzärtli? Das ist übrigens auch dann, wenn bei der Rezension zwei fixe Programmteile immer noch am Ende fast beiläufig erwähnt werden. Was nicht fair ist. Christian Brunner meistert das obligate Konzert am Flügel erneut mit Bravour und holt sich die ebenso obligaten Rosen ab. Und mit dem «Unggle Sam» und «Saggodo» zaubern die Alten Stainlemer (nadirlig e Männerglygge – und das ist gut so…) Fasnächtliches in den Saal. Conzärtli ist eben doch Vorfasnacht. In einer der wortgewaltigsten Ausprägungen. Gut gebrüllt, Fagunzen – auf ein Nächstes!