Es ist mit Sicherheit die älteste (seit 1889), mit nur drei Abenden leider auch die kürzeste Vorfasnachts-Veranstaltung: das Zofingerconzärtli. Lange Zeit war es eine Studentenaufführung, die sich ihre Pointen beim Altbasler «Daig» und in der Uni holte. Heute ist der Rahmen weiter gesteckt, und wer am Conzärtli erwähnt wird ist «in» – selbst wenn er «out» ist. Am 15. Februar hob sich zum 113. Male der Vorhang zur Premiere.
Auch wenn das Conzärtli in seinen Themen offener geworden ist, der alte Rahmen ist geblieben. Eröffnet wird der Abend durch die Fagunzen, wie die Zofinger genannt werden, mit dem Cantus «Wenn d’ Fasnachtszyt uf Basel kunnt», in dessen Refrain es heisst:
Was isch im ledschde Johr bassiert?
Wo het sich naime-n-ain blamiert?
’s wird kritisiert, ’s wird parodiert,
’s wird uf der Bihni ummegfiehrt.
Das isch Fagunzebruch.
Dem Prolog folgt ein kurzes klassisches Konzert, und dann in loser Folge die «Stiggli» oder kleine Rahmenspiele. Jedes Jahr werden drei Persönlichkeiten zu Hauptpersonen, den sogenannten Lyyche (Leichen), oder – gebildeter ausgedrückt – dramatis personae auserwählt, die mit anderen Prominenten am Abend immer wieder auftauchen.
Den musikalisch klassischen Teil bestritten Valfrido Valeri und Christian Brunner. Vierhändig spielten sie am Flügel Anton Diabellis Sonate in d-Moll, Franz Schuberts Polonaisen Nr. 3 und 4, sowie Gioacchino Rossinis Ouvertüre zur Oper L’Italiana in Algeri. Für fasnächtliche Stimmung sorgte der Dupf-Club. Mit zwei sauberen Märschen, vorgetragen in farbenfrohem Charivari, wusste er dem Publikum zu gefallen.
Doch ein Conzärtli lebt haupsächlich vom Textteil. Und hier muss Caspar «Mimösli» Heuss und seinen Kumpanen ein grosses Kompliment gemacht werden. Bereits mit dem Prolog wurde die Messlatte sehr hoch gelegt. Ob Gryffe-Mähli (an welchem erstmals auch Frauen teilnehmen durften), den Kravallen um das WEF, der Abwahl von Veronica Schaller (bei Big Brother währe sie auf Anhieb gewählt worden) oder dem Schiesser-Kaffee, der bald nach Pommes Frites schmeckt – die Pointen sprudelten wie Sektperlen von der Bühne und wurden mit Lachen und Beifall genossen.
A propos Genossen: Im Stück «Die achte Frau oder die unerträgliche Einsamkeit des Torwarts» war Veronica Schaller als Diewonytkaa Gfallere die erste Leiche. Auf die Frage, ob es sie nicht störe, als Leiche auftreten zu müssen, gab sie zur Antwort: «Wenn man über Leichen geht, muss man auch darüber stehen.» Ihre Gesundheitspolitik bezeichnete sie als vorbildlich. Dank ihr seien die Zeba-Arbeiter an die frische Luft gekommen. Und ihr Lebensfazit: «Als Kind wollte ich Regierungsrätin oder gar nichts werden. Beides habe ich geschafft!»
Die zweite Leiche war Adolf Globi (Ogi). Er musste Nella Martinetti eingestehen, dass Torino für ihn zum Waterloo wurde. Was er aber mit dem Song «Mit 58 Jahren noch immer Freude herrscht» locker wegsteckte. Er, der viersprachig Schweizerdeutsch spricht, zeigte seinem Freund «Kaffi» Annan seine Heimat, das Ogiland – in dem Bartgeier abgeschossen und Luchse überfahren werden. Bei der Einweihung der Schweizer Botschaft in Berlin ergötzt er sich an dem Lied von Shawne, Tomas Borers Gattin: «Trittst im Sexykleid daher, freuen sich die Männer sehr».
Massimo Peperoni (Ceccaroni) wurde die Ehre zuteil, die dritte Leiche zu sein. Auf die Frage, warum er immer nur in Basel gespielt habe, gibt er zu, er habe einmal ein Angebot von Inter über 100 000 Franken erhalten. Leider habe er aber das Geld nicht auftreiben können. Seine Philosophie: Tore sind nicht wichtig. Viel wichtiger ist es, den Plausch am Ganzen zu haben.
Lustig das musikalische Fünf-Gang-Menue mit Klavier und Saxophon, sowie der Sketch mit Theaterdirektor Schindhelm, dem es nicht gelingen will, trotz Stasi-Vergangenheit und blutig-sexüberladenen Inszenierungen die lästigen Abonnenten loszuwerden. Die Verteiler von Gratiszeitungen, Rosenverkäufer und Seelenfänger für Sekten sehen sich als neue Backstreet Boys. Nach heftigen Diskussionen im Kindergarten wird beschlossen, das Stimmrechtalter auf 0 herabzusetzten und Frühenglisch im Mutterleib zu fordern.
Den Abschluss eines Abends mit sprühendem Basler Witz auf hohem Niveau machten die Fagunzen mit dem Lied vom rot-weiss-roten Band (ihren Verbandsfarben) und «Nous l’avons». Beim Abgang unter begeistertem Applaus ertönte auch noch das unverwüstliche «Gaudeamus igitur». Ceccaroni, der als einzige Leiche anwesend war und sich köstlich amüsierte, wurde zu den Darstellern in deren Nebenraum gelotst, wo er mit lauten Massimo-o-Rufen und «Wär nit gumpt, dä isch kai Basler» gefeiert wurde.